Eines Tages hatte er vom Jünger (ein kleiner Schausteller) ein Motorrad erworben. Die Kiste war uralt und mit vielen Mängeln behaftet. Hännes opferte jede freie Minute, um die Kiste zum Laufen zu bringen. Im Tank war Dieselkraftstoff und in den Schwimmer wurde aus einer Flasche Benzin gegeben. Wo eine Verschraubung sein sollte, war vielleicht ein Korken zu sehen, trotzdem gab der Motor bald erste Lebenszeichen von sich. Premiere sollte dann am kommenden Sonntag sein. Trotz unserer sonntäglichen Kleidung und aller guten Wünsche, die erste Fahrt sollte auf der Bahnhofstraße, also in unmittelbarer Nähe unseres Hauses geschehen, Zuschauer waren genügend vorhanden. Wir hatten es schon einige Male mit Anschieben versucht, aber die Kiste sprang nicht an. Der alte Goertz Jupp, er wohnte mit Frau und Sohn bei Bremsch (Müller), sagte dann: „Hännes weißt du, was an dem Motorrad nicht richtig ist? „Nein, Onkel Jupp (Goertz und Schmitz waren entfernte Verwandte) sag es mir bitte.“ „Das hintere Rad muß vorne rein“. Ein großes Gelächter und der Nachmittag war wieder gerettet.

Man höre und staune; Hännes kam eines Tages mit einer schweren, wenn auch alten Maschine an. Diese durfte er allein schon vom Führerschein her gar nicht fahren. Er brachte das Motorrad nach dem alten Rezept Benzin - Diesel in Gang und machte auf seinem Anwesen auch die ersten Fahrversuche. Nachdem alle Mängel behoben waren, wurde die Maschine ins Feld geschoben und auf den Feldwegen über Stock und über Steine die tollsten Hindernisrennen veranstaltet. Da half auch gut gemeintes Zureden der Mutter wenig; Hännes war einfach nicht zu bändigen, wenn er einen fahrbaren Untersatz nur sah.

Ich muß jetzt schon vorausschicken, daß Hännes auch in seinem späteren Leben, ja bis heute, stets mit Fahrzeugen zu tun hatte. Er betreibt mit seinen Söhnen ein gutgehendes Transportgeschäft. Nach dem Krieg war er auf den Kirmesmärkten zu Hause. Oft war er bei den Schaustellern, besonders bei der Steilwand, zu finden. Dort zeigte er dann seine Fahrkünste in einer halsbrecherischen Extranummer. Mittlerweile hatte er sich wegen seiner Schaustellerqualitäten den Spitznamen Kronenberg (zu dieser Zeit größter Schausteller rundum) eingehandelt.

Hännes verfügte kurz nach dem Krieg über einen leichten Hanomag-Schlepper und einen überschweren Lanz-Bulldozer. Man sah ihn oft mit dem schweren Lanz und vier Hängern im Schlepp. Das war damals noch möglich, aber für Hännes nichts besonderes. Eines Tages hatte Hännes den schweren Lanz mit roter Leuchtfarbe angestrichen. Es dauerte nicht lange, bis diese Maschine nur noch als roter Teufel überall bekannt war.

Einmal fuhr ich mit Hännes nach Düsseldorf zum Tatternsaal, eine Fuhre Stroh liefern. Es war ein nebliger Tag, aber der rote Teufel war schon schnell zu sehen. Unterwegs sagte Hännes: „Alle Autos fahren mit Licht, nur der rote Teufel nicht“ Dann wollte ich ihn bewegen, das Licht einzuschalten, aber er offerierte mir, daß die Lichtleitung defekt sei. Als wir die Südbrücke hinter uns hatten und in Düsseldorf Stadtmitte einfuhren, habe ich bald etwas in die Hose gemacht. Zu dieser Zeit gab es noch keine Ampeln; an den markanten Kreuzungen standen auf kleinen Podesten die Verkehrspolizisten in auffälliger Uniform und weißen Stulphandschuhen und sorgten für einen geregelten Verkehrsfluß. Mir schien es oft so, als ob Hännes mit allen Polizisten befreundet gewesen wäre, denn wenn der rote Teufel sichtbar wurde, bekam unsere Fahrtrichtung Vorfahrt und Hännes meinte ganz treffend, Stroh macht froh denkt der Schutzmann.

Ich muß in meiner Erzählung jetzt aber zuerst zurück zum schweren Motorrad kommen. Bei Hännes gegenüber in der alten Schule wohnte ein Polizist. Dieser hatte natürlich auch erfahren und konnte auch hören, wenn Hännes das Motorrad laufen ließ. Eines Tages erschien besagter Polizist auf dem Anwesen der Familie Schmitz und wollte das Motorrad beschlagnahmen. Es kam auf dem Hof Schmitz zu einer furchtbaren Auseinandersetzung. Hännes versperrte dem Polizisten jeden Zutritt zu dem Stall, worin sich das Motorrad befand. Dann zog der Polizist seine Pistole und die Mutter von Hännes stellte sich zwischen die Streithähne. Die Nachbarschaft war natürlich zusammen gelaufen und bat den Polizisten, es doch nicht bis zum letzten kommen zu lassen. Dieser verließ dann auch ohne Motorrad den Hof Schmitz, aber Hännes war 3 Wochen später auch Soldat. Wie es in der Folgezeit bis Kriegsende bei Schmitzens weiterging, entzieht sich meiner Kenntnis.

Unsere Feuerwehr-HJ wurde währenddessen von dem sogenannten Streifendienst immer mehr aufs Korn genommen. Die Strafen, die Rolf Alderath, Josef Lennartz und einige andere HJ-Führer verhängten, spotteten oft jeder Beschreibung. Es traf sich jedenfalls eines Spätabends, daß der gesamte Streifendienst im Rathauskeller war, als wir dort in der Einsatzzentrale während eines Fliegeralarms unseren Dienst machen mußten. Ich konnte dann auch nicht lange meinen Mund halten und habe diesen Jungnazis nach Strich und Faden, aber trotzdem in nicht verletzender Art, meine Meinung zu unseren Problemen gesagt.

Dann aber stellte sich Friedel Bell mitten in den Raum und sagte: „Kommt nur mal durch Orken, dann schlagen wir euch die Knochen kaputt.“Dann nahm mich einer der aktiven Feuerwehrleute zur Seite und flüsterte mir zu: Sei ruhig, die bringen euch hinter Schloß und Riegel. Es dauerte tatsächlich auch nur kurze Zeit, bis ich eine Vorladung zum HJ-Bannführer nach Neuss, Königstr. bekam.

Ich hatte bis dahin schon viele uniformierte Nazis gesehen, aber dort wurde ich von Schnösels wie ein Hund behandelt. Ich wurde wenigstens 5 mal wieder aus dem Zimmer gewiesen, weil ich den deutschen Gruß nicht richtig vollführt hatte, ich wurde angeschrien wie ein Tier, bekam meine Anklageschrift vorgelesen, worin man mir den Ausspruch von Friedel Bell mit angelastet hatte, aber eine Rechtfertigung meinerseits ließ man nicht zu. Ich hatte aber mein erstes Erlebnis mit Nazi-Schweinen.

Als ich abends meinen Eltern dieses Erlebnis erzählte, wußte mein Vater mir gleich zu sagen: die stecken dich in ein Arbeitslager und du mußt dich eidesstattlich verpflichten, nirgendwo über deinen Aufenthalt und über die Behandlung zu sprechen.

Mein Vater arbeitete bei der Firma I. G. Schwietzke in Düsseldorf und hatte dort einen Kollegen, dessen Sohn ähnliches erlebt hatte. Ich informierte selbstverständlich auch meinen Lehrherrn bzw. dort den Personalchef und Herrn Lipp. Da ich die Kaufmannsgehilfenprüfung mittlerweile bestanden hatte und so oder so bald mit der Einberufung rechnen mußte, schlug der Herr Lipp vor, die Einberufung zum RAD vorzuziehen, um eine derartige Strafe zu verhindern. Herr Lipp hatte ja beim Wehr-Bezirks-Komando Neuss genügend Einfluß und ließ mir, nachdem mein Vater Herrn Lipp sein Einverständnis erklärt hatte, den Einberufungsbefehl schnellstens zukommen.

Es war so, daß ich bei den ersten vom Jahrgang 1927 war, die den Einberufungsbefehl bekamen. Ich war im Januar 17 Jahre geworden und mußte mich Anfang April 1944 in Hohenelbe im Riesengebirge, damals Sudetengau, melden.

Zum Glück ging das alles kurzfristig über die Bühne. Bei den Formalitäten, die alle zu erledigen waren, kam die Abschiedszeremonie gar nicht richtig zum Zuge und die Tränenkanäle blieben geschlossen. Fräulein Flören meinte zum Abschied, ich solle so bleiben, wie ich war und kommentierte dann: Wenn Jesus Soldat geworden wäre, hätte man den vielleicht auch verdorben.

Mir war es doch ziemlich mulmig zumute, war ich doch bis dahin noch keine Nacht von zu Hause weg gewesen. Wie gesagt: Anfang April ging es in Richtung Riesengebirge. Beim ersten Umsteigen in Neuss sah man schon, daß ich nicht der einzige war, der dem Ruf des Führers folgte. Der Bahnsteig, auf dem unser Zug ankam und abfuhr, wimmelte von der sogenannten letzten Hoffnung Deutschlands.

Wenn ich heute schon mal mehrere Jugendliche zusammenstehen sehe, kommt mir die Erinnerung an diese Zeit in den Sinn. Auch muß ich oft daran denken, wie begeistert die große Mehrzahl meiner Altersgenossen damals noch war. Aber was Propaganda bzw. Reklame bewirken kann, sieht man ja alltäglich.

An die genaue Fahrstrecke mit den einzelnen Stationen kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich mußte jedoch feststellen, daß es außer Düsseldorf und Köln, weiter war ich ja nie gekommen, noch einige schöne, große Städte in unserem damaligen großdeutschen Reich gab.

Wir kamen jedenfalls gegen 17.30 Uhr bei der Reichs-Arbeitsdienst-Abteilung in Hohenelbe an. Es lag noch ca. 40 cm Schnee; die Beleuchtung war spärlich oder besser gesagt, den Luftschutzvorschriften entsprechend, so daß von den Gebäuden kaum etwas zu erkennen war. Wir mußten uns auf dem Appellplatz der Größe nach in 3 Gliedern aufstellen und wurden dann dementsprechend zugweise in die einzelnen Holzbaracken eingewiesen. Das hieß zu deutsch: die ganz Großen kamen in Baracke 1, und zwar die Trupps 1, 2, 3, ich war zwar nicht bei den ganz Kleinen, aber endete in Baracke 3 bei Trupp 9.

Es stellte sich dann heraus, daß man erst am nächsten Tag mit uns gerechnet hatte, es gab nämlich weder etwas Eß- noch Trinkbares an diesem ersten Abend. Da die Abteilung zum einen eingeschneit und zum anderen 14 Tage leer gestanden und somit unbeheizt war, kann man sich vorstellen, wie kalt es an dem ersten Abend war. Wie gesagt: unsere RAD-Abteilung bestand aus 4 Zügen (4 Baracken), 1 Zug bestand aus 3 Trupps, die dann jeweils in einer Baracke untergebracht waren.

Das gesamte Abteilungsgelände war in hügligem Gelände ziemlich großzügig angelegt. Zug 1 und 2 lagen ziemlich hoch am Berg, so daß vom Appellplatz bis zu den beiden Baracken 40 Stufen zu erklimmen waren, auf halber Höhe lagen dann links die Baracke 3 und rechts der Zug und die Baracke 4. Die anderen Gebäude der Abteilung, wie z.B. Verwaltung, Speiseraum inkl. Küche, Krankenstube sowie Vorgesetztenunterkünfte, natürlich auch alles in Barackenform, gruppierten sich um den 50 x 50 großen Appellplatz.

Unsere erste Arbeit war es, die jeweils in der Mitte der Stube stehenden Kanonenöfen aufzuheizen, um der Kälte Herr zu werden. Jede Baracke war in 3 Stuben aufgeteilt und diese mit 15 Mann belegt. Als Mobiliar gab es beim RAD außer dem besagten Ofen noch 2 bzw. 3 Stock hohe Betten, pro Mann 1 Spind und Schemel und 1 großer Tisch.

Als am ersten Abend gegen 21.30 Uhr ein Obervormann die Stuben auf Vollzähligkeit kontrollierte, fragte er: ob bei uns alles in Ordnung wäre. Ich konnte mal wieder den Mund nicht halten und bemerkte in unserem Dialekt, daß es saukalt in der Bude sei. Damit hatte ich mir schon das erste Ei ins Nest gelegt. Wer hat da etwas zu sagen, wer sind Sie, raus aus dem Bett, und als Krönung wurden wir noch, meiner Aussprache wegen, mit Polaken ausgeschimpft. Nachdem ich aus dem Bett, mich namentlich vorgestellt und dem Vormann erläutert hatte, daß wir vom Niederrhein und nicht aus Polen kamen, meinte dieser: „Sie dürfen sich ab morgen täglich fragen, wer Sie sind und woher Sie kommen."

Das Schicksal aber wollte es etwas anders mit mir.

Am nächsten Morgen wurden wir kurz vor 7.00 Uhr durch einen schrillen Pfeifton des wachhabenden Zugführers in die Wirklichkeit zurückgerufen. Je 1 Mann aus jeder Stube mußte nach draußen kommen, um den Morgenbefehl entgegenzunehmen. Da wir noch in Zivil waren, wurde uns für 8 Uhr das Frühstück angekündigt. Wir konnten auch gleich im Speiseraum Platz nehmen.

Es war ein riesengroßer Raum, wo am Kopfende der sogenannte Führertisch stand und die einzelnen Züge bzw. Trupps ihre Tische und Plätze hatten. Also jeder Arbeitsmann wußte von da an, wo er bei den Mahlzeiten zu sitzen hatte. Als die Plätze eingenommen waren, wurde mit uns “Nochzivilisten“ einige Male Achtung und wieder Setzen geprobt. Dann wurden wir über die wichtigsten Regeln innerhalb der Abteilung informiert und nahmen zwischenzeitlich ein sehr bescheidenes Frühstück ein. Ich hatte schon wahrgenommen, daß der Obervormann vom Vorabend über mich mit seinen Führerkollegen sprach, so daß ich wohl mit keinerlei Zuspruch von den Herren am Führertisch rechnen konnte. Zwischenzeitlich erschien auch der Chef unserer Abteilung, dem durch Meldung des Zugführers vom Dienst die neuen Arbeitsmänner in Gesamtheit vorgestellt wurden. Dieser war ein Vollgefressener, der einem Hamster, der in den Winterschlaf geht, nichts nachließ. Er strahlte weder Sympathie noch Zuversicht aus und war von uns Rheinländern auch wegen seiner mehr slawischen als deutschen Sprache nicht geschätzt. Seinen Speck hat er sich aber bestimmt nicht von dem angefressen, was in der Abteilung auf den Tisch kam. Wir bekamen dann noch den Befehl, die Zivilklamotten - so gut es ging - schon zusammenzupacken und ab 10.00 Uhr zugweise an der Kleiderkammer zu erscheinen, um die Uniform sowie Wäsche, Stiefel, Tornister usw. in Empfang zu nehmen.

In der Warteschlange bestätigte sich das, was aus Erzählungen über das Einkleiden bei RAD und Militär schon bekannt war; man bekommt ob Stiefel, Helm oder Uniform mit der Bemerkung “paßt" alles auf den Tisch geknallt, und muß damit fertig werden.

Als ich an der Reihe war, verlief der Vorgang etwas anders. Der Obertruppführer, welcher der Bekleidungskammer vorstand, fragte mich nach Namen und Beruf. Ich ließ ihn wissen, daß ich nun der Arbeitsmann Hans Moll wäre und daß auch ich Menschen vom Scheitel bis zur Sohle eingekleidet hätte. Ich wurde sogleich hinter den Thekentisch beordert und mußte es mir gefallen lassen, von dem Obertruppführer zum Kammerbullen befördert zu werden. Wie meine Truppkameraden mir später erzählten, war das dem Obervormann, der sehnlichst auf mich wartete, gar nicht nach der Nase. Dem hab ich in der ersten Zeit oft gezeigt, daß seine Socken oder Kragenbinden noch nicht umtauschwürdig waren. Nach einer längeren Aussprache mit ihm sind wir dann letztendlich noch gute Kameraden geworden.

Die Arbeit in der Kammer lag und gefiel mir auch. In wenigen Tagen war ich soweit, daß ich - bis auf das Schriftliche - die anfallenden Arbeiten eigenständig erledigte. Es hört sich eigenartig an, aber dort machte ich auch die erste Bekanntschaft mit Fußlappen. Wenn früher einer von Fußlappen sprach, haben wir meistens an Märchen gedacht. Nachdem mir der Obertruppführer einmal vorgeführt hatte, wie Fußlappen angelegt wurden, und das besonders, wenn man in Stiefeln geht und marschiert, kamen für mich keine Socken mehr in Frage. Außerdem war an Fußlappen einfacher heranzukommen als an Socken. Zudem mußten Socken ja gestopft werden, was Zeit und auch Geld kostete.

In dem Zusammenhang möchte ich an das schöne Lied erinnern, wo es da heißt: O’ du schöner Arbeitsdienst, 25 Pfennig ist dein Reinverdienst, ein jeder muß zum Arbeitsdienst und dann zum Militär.

Unsere Stube war, soviel ich mich erinnere, mit 12 Mann belegt. Komischerweise waren einige Leute aus unseren Nachbarorten, wie Franz-Josef Burghartz aus Grevenbroich mit auf meiner Stube. Franz-Josef wohnte auf der Schanze, wo seine Eltern ein Tabakwaren- und Schreibwarengeschäft betrieben. Wir hatten uns in unserem jungen Leben bis dahin nie kennengelernt. Nun lebte oder besser schlief er über mir.

Eines Nachts wurde ich wach, weil Franz-Josef laut träumte. Ich hörte aus seinen mehr stöhnenden Worten, daß er in Grevenbroich einen Fliegeralarm durchlebte. Er befragte seine Mutter, ob es denn schon schlimm wäre. Ich ging auf die Frage ein und sagte: Komm sofort runter, die Flak schießt doch schon. Im nächsten Moment krachte es und Franz-Josef lag mitsamt seines feldmarschmäßig gepackten Affen zwischen den Betten auf der Erde und schlief weiter.

Mein bester Freund aber wurde während der gut 4 monatigen RAD-Zeit ein junger Mann namens Heinz Giesers aus Wickrath-Mennrath. Nachdem wir einmal gemeinsam Stubendienst machen mußten und ins Gespräch gekommen waren, war unsere Freundschaft besiegelt. Sein Interessengebiet sowie die politische Einstellung war mit der meinigen identisch. Obwohl sein Vater eine Kleiderfabrik hatte, die Arbeiter waren Knastologen aus der Haftanstalt Anrath, und er zudem Einzelkind war, hatte man stets mit einem ehrlichen einfachen Kameraden zu tun. Er war, obwohl auch erst gerade 17 Jahre, ein leidenschaftlicher Imker. Wenn er von seiner Lieblingsbeschäftigung schwärmte, vergaß er das Essen und das Schlafen.

Er hatte sich meiner Meinung angeschlossen, uns nicht von diesen aufgeblasenen Gernegroß-Vorgesetzten unterkriegen zu lassen. Ich muß vorausschicken, daß wir beide in der gesamten RAD-Zeit nicht einmal Ausgang bekommen haben, aber auch nicht eine Stunde im Bau verbracht haben. Wir hatten uns geschworen, uns nicht das Lachen abbringen zu lassen. Diese Führerqualitäten hatten vom ersten Tag an gedroht: „Das Lachen wird Euch hier noch vergehen“. Als die Abteilung erstmalig in Hohenelbe ausmarschieren konnte, kam auch das Lied: Wir sind vom Niederrhein, wo die schönen Mädels sein, die wollen wir lieben einzig und allein; im Sudetenland erstmalig, aber von da ab immer und immer wieder zum Vortrag.

Die gesamte Führerschaft ließ uns immer wieder fühlen, daß sie den Stolz der Niederrheiner schon noch bändigen würden. Die Herren saßen zwar am längeren Hebel, aber die Abteilung und besonders mein Leidensgenosse Giesers und ich versuchten, diesen Halbgöttern die Suppe etwas zu versalzen. Durch meine Tätigkeit in der Kammer kannte ich ja kaum den Außendienst, ja ich war schon ungefähr einen Monat bei diesem Haufen und konnte noch keinen Spatengriff.

Es war im Dritten Reich überall bekannt, daß der Aufmarsch einer RAD-Abteilung weit effektvoller war, als der einer Kompanie Soldaten. Es war unumstritten eine Augenweide, wenn eine Abteilung des RAD mit blitzblanken Spaten, von Kopf bis Fuß sauber, in zackigem Marsch- oder Achtungschritt die Volksgenossen und besonders die Jugend begeisterten.

Was der einzelne Arbeitsmann aber alles an oft unmenschlichen Schikanen hat hinnehmen müssen, geht nicht auf die bekannte Kuhhaut. Für mich war damals schon klar, daß eine halbwegs gute Kinderstube ohne solchen Drill den Menschen auch formen kann. Trotzdem ertappe ich mich des öfteren dabei, gewissermaßen stolz darauf zu sein, diesen ganzen Humbug und nachher noch den Krieg als Frontsoldat mitgemacht zu haben.

Eines Tages wurde die Freiwilligentrommel wieder mal gerührt. Man konnte sich für 12 Jahre beim RAD verpflichten und dann wunschgemäß entweder die Führerlaufbahn oder die Verwaltungslaufbahn einschlagen. Die Resonanz war nicht allzu groß, aber es waren doch 4 oder 5 Leute, die sich gemeldet hatten. Der Arbeitsmann van Dongen aus Krefeld hatte die Verwaltungslaufbahn eingeschlagen. Hierfür war die erste Sprosse der Laufbahn, der Posten des Kammerbullen.

Da ich glaubte, mich im Außendienst besser entfalten zu können, ging ich zu meinem Obertruppführer und besprach das mit ihm. Der meinte: Sie sind wohl verrückt, einen besseren Posten können Sie nicht mehr bekommen. Ich versuchte ihm klarzumachen, daß ich dem van Dongen nicht im Wege stehen wollte. Er überließ mir eine Entscheidungsfrist von drei Tagen, bevor er mich stehen ließ.

Mir standen wieder einige schlaflose Nächte bevor. Ich hatte zwar einen schönen Posten, wenn ich aber sah, wie oft mein Kamerad Giesers allein ausbaden mußte, was unser Trupp oder gar der ganze Zug eingebrockt hatte, war meine Entscheidung schon gefallen. Mit meinem Obertruppführer aus der Kammer wurde ich bestens fertig und wußte auch, da dieser keinerlei Außendienst machte, daß unser Verhältnis keinen Schaden nehmen würde. Nachdem ich den Arbeitsmann van Dongen für den Posten begeistert hatte, ging ich zum Obertruppführer und teilte ihm meinen Entschluß mit. Der mußte den Wechsel in seiner Kammer, natürlich über die Schreibstube und mit dem Abteilungschef erledigen, so daß ich doch noch einige Tage meinen Kammerdienst machen mußte.

Der nächste Montag war für mich der erste Tag im Außendienst. Ich hatte mir sehr viel vorgenommen, aber die Realität gestaltete sich wie folgt. Beim ersten Morgenappell, den ich mitmachen sollte, verstauchte ich mir beim Treppenrunterlaufen mein rechtes Fußgelenk. Obwohl die Sache enorm schmerzhaft war, konnte man am Fuß nichts sehen. Ich konnte nicht mehr auftreten und mußte mich von meinen Kameraden stützend wieder auf die Stube begeben. Dabei merkte ich und hörte es auch, daß man bei der Führerschaft schon auf mich wartete.

Während meine Kameraden bei unserem Obertruppführer Kloß (er war übrigens der beste Führer unserer Abteilung) ihren Dienst verrichteten, bin ich hüpfend und humpelnd zur Heilstube gelangt. Ich klopfte an, betrat nach dem üblichen “herein“ die Heilstube und wurde von einem Unterfeldmeister, der sich dort wie ein Oberstabsarzt gebärdete, wie folgt abgefertigt. Arbeitsmann Moll bittet melden zu dürfen, daß ich mir beim Treppenrunterlaufen den Fuß verstaucht habe. Der Unterfeldmeister darauf: Sie haben mir nichts zu melden. Ich - so gut ich konnte - Haltung angenommen und meinen Spruch wieder vorgetragen, aber mit der Bitte sagen zu dürfen daß ich usw. Dann hieß es: Sie können Ihrer Mutter etwas sagen. Daraufhin habe ich mich unter starken Schmerzen auf den Weg in Stube 9 gemacht. Als ich oben war, überkam mich meine Situation erst recht. Auch ich war doch noch ein halbes Kind und mußte erstmals auf die mütterliche Fürsorge verzichten. Ich fing an laut zu heulen und zu schreien, wodurch wohl unser Zugführer Kloß auf mich aufmerksam wurde. Er kam in die Stube hinein und sah mich völlig aufgelöst und weinend. Bevor er etwas sagen konnte, sprudelte es mir schon über die Lippen. Ich sagte nämlich: „Wenn hier so mit der deutschen Jugend umgegangen wird möchte ich wissen, was erst bei der Wehrmacht mit uns aufgestellt wird.“Er befahl mir augenblicklich, den Mund zu halten und fügte dann in nettem Ton hinzu: wenn das einer hört, was hier gesprochen wurde, sperrt man mich mit ein.

Im Nachhinein war ich der Meinung, daß der Unterfeldmeister, welcher mich so schön aus der Heilstube bugsiert hatte, auch kein Freund unseres Zugführers war. Der Obertruppführer gab mir noch einige Tips, wie ich den Fuß behandeln sollte und sagte mir, daß er mich vorerst schonen wollte. Soviel Zähne, wie ich in den kommenden Tagen zusammen beißen mußte, hatte ich gar nicht. Aber wie sagt man so schön; so wie es gekommen ist, geht es auch wieder weg. In drei Tagen war ich tatsächlich wieder fit und konnte mich bewegen und laufen wie eh und je. Ich nehme an, daß sich im Fußgelenk eine Sehne oder ein Muskel verrenkt hatte. Jedenfalls meldete ich mich, natürlich mit einem Lächeln im Gesicht, als voll einsatzfähig bei meinem Zugführer zurück.

Ich hatte mir während dieser Tage vorgenommen, und das auch mit meinem Leidensgenossen besprochen, gegenüber unserem Zugführer Kloß so tolerant wie möglich zu sein, hatte er mich doch sehr großzügig behandelt, obwohl ihm von der Heilstube aus keinerlei Krankheitsbestätigung vorlag. Diesen guten Vorsatz haben wir auch bis auf ganz wenige Ausnahmen Herrn Kloß gegenüber wahr gemacht.

Nachdem die erste Woche harter Dienst hinter mir lag, war der Spatengriff und einige andere Übungen für mich nichts Besonderes mehr. Es gab keinen Tag, an dem ich nicht öfters die Erde hab küssen müssen, das heißt zu deutsch hinlegen auf Marsch, oder auch volle Deckung. Bei dem Befehl “Volle Deckung“ flog man da, wo man gerade stand, auf die sogenannte Schnauze und mußte den Körper so dicht wie möglich an die Erde drücken. Wenn sich heutzutage Fußballer nach erfolgtem Torschuß auf ihre Front werfen und so ein Stück über den Boden rutschen, kommen mir die Erinnerungen an die RAD-Zeit. Dann kam es oft vor, daß eine halbe Stunde später die verschmutzten Klamotten, ob Drilliganzug oder normale Uniform, zum Appell vorgezeigt werden mußten.

Ich habe mir zwar auch immer die größte Mühe gemacht, habe auch meine Sachen immer sauber bekommen, aber die Herren Führer fanden immer etwas, um uns auffallen zu lassen. Ich hatte mich mittlerweile damit abgefunden, auf jeglichen Ausgang verzichten zu müssen und das Städtchen Hohenelbe nur aus Reih und Glied kennenzulernen. Das konnte mich und einige andere aber nicht aus der Fassung bringen, denn diese Sudetendeutschen brachten uns nicht die geringste Zuneigung entgegen. Zu dieser Zeit stellte sich mir erstmalig die Frage, ob die Großzügigkeit den Quartiersoldaten gegenüber immer richtig war. Es kam mir oft so vor, als ob die ganze Abteilung genau so dachte wie ich, denn immer wieder wurde unser Lied vom Niederrhein angestimmt.

In unserer Abteilung ging ja alles nach Dienstplan. Der Morgenappell begann - soviel ich mich erinnere - um 7.00 Uhr. Dabei wurde die Fahne gehißt (hochgezogen) und unser Trompeter, Weirauch aus Holzheim, blies dabei einen Weckmarsch. Dann erfolgte die Befehlsausgabe und das Losungswort wurde bekanntgemacht. Danach rückte die Abteilung zum Frühstück in den Tagesraum. Nach dem Frühstück rückten die einzelnen Züge dann zum Ordnungsdienst aus.

Die Zugführer hatten dann Gelegenheit, in der Weite unseres Abteilungsgeländes die ihnen anbefohlenen Arbeitsmänner ganz nach ihrem Gutdünken auszubilden. Die Tage, an denen die Uniformen nicht total schmutzig waren, sind an den Fingern einer Hand abzuzählen. Mittags mußten die Züge pünktlich einrücken, weil die Abteilung um 12.00 Uhr zum Essen antreten mußte. Der jeweilige Trupp vom Dienst war für den Speiseraum sowie für den Tischspruch und andere Besonderheiten verantwortlich. Wenn der Führer vom Dienst gut gelaunt war, hatten wir dann bis 14.00 Uhr etwas Ruhe. Es passierte aber oft, daß wir in der Mittagszeit unsere Bude auf den Kopf gestellt bekamen, weil eben angeblich ein Bett oder ein Spind nicht nach dem Geschmack des Zugführers waren.

Der Nachmittagsdienst ging dann meistens bis 18.00 Uhr. Der Marsch zum Appellplatz wurde dann, trotzdem wir meist abgekämpft waren, mit dem Niederrheinlied verschönt. Es war dann fast immer eine Putz- und Flickstunde angesagt und um 20.00 Uhr, nachdem bei einem Trompetensolo die Fahne wieder eingeholt war, wurde zu Abend gegessen.

Wenn der jeweilige Führer vom Dienst nicht noch spät abends oder auch nachts einen Koller bekam, war unser Dienstplan gegen 21.00 Uhr, bis auf die allabendliche Stubenabnahme um 22.00 Uhr, erledigt. So ungefähr sah ein Tagesablauf in einer RAD-Abteilung aus, wobei allerdings nicht alles beleuchtet wurde.

Der bzw. die Führer vom Dienst waren jeweils 1 Zugführer (Obertruppführer) und ein Vormann; sie waren für die Wache sowie für den Dienstablauf eines Tages verantwortlich. Täglich wurde gewechselt, wogegen der Trupp vom Dienst wöchentlich abgelöst wurde. Die Herren Führer unserer Abteilung wohnten alle in unmittelbarer Nähe der Abteilung. Es waren alle vom Führer ins Reich Heimgeholte, was man an der Sprache, aber auch und vor allem an dem Parteiabzeichen, welches die Herren zusätzlich zu ihrer Dekoration noch trugen, sehen konnte. Da waren außer unserem Obertruppführer Kloß noch die Obertruppführer Wehna und Schiller. Es gab noch einen Obertruppführer und diesen Unterfeldmeister aus der Heilstube, sowie den Feldmeister, der die Abteilung führte, wovon mir aber die Namen entfallen sind. Wir hatten noch einige Vor- bzw. Obervormänner, einer mit Namen Freitag und einer hieß Reuel. Mit den beiden und mit dem aus Berlin stammenden Untertruppführer Rothardt - seines Zeichens Heilgehilfe - hatte ich die meisten Sträuße auszufechten.

Wir hatten als Arbeitsmänner Aufmärsche und Kundgebungen zu FührersGeburtstag 20. April und 1. Mai (Tag der Deutschen Arbeit) mitgemacht. Zu dieser Zeit versuchten die örtlichen Parteigrößen, die Kundgebungen oder Ansprachen zeitmäßig den Reden des Führers oder Josef Göbbels anzupassen.

Es passierte des öfteren, daß von unserer Abteilung einige Leute umkippten. Die Abteilung stand dann in einer vollgepfropften Halle oder Saal in Habt-Acht-Stellung, das heißt, die Füße standen in Schulterbreite auseinander, das Spatenblatt stand zwischen den Füßen und beide Hände lagen auf der Krücke des Spatenstiels. Man durfte sich weder einmal kratzen noch bewegen. Es gehörte zu unserer Disziplin, daß wenn einer umfiel, die beiden Nebenstehenden den Umgefallenen wegtrugen, aber sonst blieb alles wie es war.

Die Vorgesetzten machten uns vor solchen Kundgebungen darauf aufmerksam, daß wir in dem Moment, wo man die geringste Übelkeit verspürt, ganz tief, wenn möglich durch die Nase einatmen solle. Trotzdem kippte jedes mal einer von uns Halbkindern aus den Latschen. Wenn eine derartige Veranstaltung sehr gut über die Bühne gegangen war, daß heißt, wenn die Spatengriffe und der Achtungsmarsch (Paradeschritt) geklappt hatte, waren unsere Ausbilder in den nächsten Tagen etwas gnädiger mit uns.

Derartige ruhige Perioden gab es natürlich selten. Wir hatten auch mal wieder einen harten Tag fast abgehakt. Die Abteilung durfte zur Putz- und Flickstunde auf Befehl die Stiefel walken. Zu deutsch: die Stiefel waren nicht mehr weich oder geschmeidig genug und es mußte Fett mit dem Schuhbürstenrücken ins Oberleder eingerieben, dort hieß es eingewalkt, werden.

Das ganze Spiel hatte sich auf dem Appellplatz abgespielt. Wir hatten gerade unser Putzzeug und den Schemel wieder auf die Stube gebracht und wollten uns im Waschraum die Hände reinigen. Auf den letzten Treppenstufen sahen wir den Obertruppführer Wehna den Appellplatz betreten. Dieser hatte eine singende Aussprache; er war an diesem Tag Führer vom Dienst.

Mein Leidensgenosse Giesers hatte gleich den richtigen Part auf den Lippen und meinte, da kommt der singende Vagabund. In dem Moment war er aber auch schon auf unserer Höhe. Wir mußten Haltung annehmen und die Hand zum, Gruß hoch reißen und platzten gleichzeitig wegen der Bemerkung aus. Dann der Obertruppführer: Umkommen, warum lacht ihr? Giesers hatte sich als Erster in der Gewalt und sagte: wir hatten gerade ein lächerliches Thema zwischen. Um den Appellplatz runden, bis ich wiederkomme, und das alles in singender Form. Wir hatten vielleicht 5 mal den Appellplatz umrundet, als er zurück kam und diesmal hieß es: Eimer, Besen holen, Lokus schrubben, um 21.30 Uhr komm ich den abnehmen.

Der Lokus, heute sagt man natürlich Toilette, lag etwa 30 m von den übrigen Baracken entfernt; er war auch in Holz gefertigt, hatte aber ein Spitzdach. In den beiden Giebeln waren jeweils zwei Türlöcher, so daß man, wenn auch durch die Mittelwand getrennt, Rücken an Rücken sein Geschäft erledigen konnte. Es konnten von jeder Seite 12 Leute gleichzeitig Platz finden, sowie kleine Geschäfte in einer langen Pinkelrinne erledigt werden. Die ganze Toilettenanlage war eine Mischung zwischen Plumpsklo und Toilette ohne Wasserspülung. Dafür plätscherte aber in unmittelbarer Nähe ein Gebirgsbach mit klarem Wasser dort vorbei. Aus diesem Bach wurde das Putzwasser für den Toilettenbereich genommen, was wir natürlich auch vorhatten.

Wir hatten unsere Putzutensilien in Bereitschaft stehen, hatten auch überall schon mit Wasser gearbeitet, um den Schein zu wahren, und schütteten dann kurz vor Abnahmetermin noch einige Eimer Wasser nach. Das Toilettenhaus unserer Abteilung war, obwohl es von über 200 Leuten benutzt wurde, immer in allerbestem sauberem Zustand und hinterließ keinerlei schlechten Gerüche.

Als unser Führer vom Dienst dann zur Abnahme erschien, waren wir wieder nicht in der Lage, ohne zu lachen die Meldung an den Mann zu bringen. Obertruppführer Wehna stand vor uns, schaute in den Sternenhimmel und sagte dann: Warum hab ich mich überhaupt mit euch abgegeben, ihr seid mir ja viel zu dumm; er drehte sich um und ging in die Wachstube.

Von da kam kurze Zeit später der Obervormann Reuel und meinte; was habt ihr mit dem Wehna gemacht, der hat eine furchtbare Laune. Das Schlimmste, was hätte passieren können, ein Nachtalarm für die ganze Abteilung, blieb Gott sei Dank aus.

Dafür ertönte die Trillerpfeife des Führers vom Dienst, es war jetzt Obertruppführer Schiller, ½ Stunde eher und der Befehl hieß wie folgt: „Die zwei Lächerlichen von gestern Abend sofort auf dem Appellplatz antreten“ unser Zugführer Kloß rief noch hinterher, das kann doch nur Giesers und Moll sein. Kurz darauf meldeten wir uns wie befohlen beim Obertruppführer Schiller, der uns kurz und knapp sagte: Appellplatz leerklauben. Da mit diesem Ausdruck wohl kaum einer etwas anfangen kann, muß ich wohl kurz erklären, was das heißt.

Wir hatten ja am Vortag Stiefelwalken gehabt und die ganzen Fettreste, sowie kleine Papierfetzen, waren noch nicht beseitigt worden; also waren wir auserkoren, diesen Mist zu beseitigen.

Ich hatte an diesem Tag Stubendienst und habe das nach einer guten ¼ Stunde dem Obertruppführer gemeldet, woraufhin ich in die Stube abkommandiert wurde. Dann hörte ich den Obertruppführer laut schreiend Befehle geben. Mein Freund hatte, nachdem ich abhauen konnte, eine nicht ganz astreine Bemerkung gemacht, woraus man hätte verstehen können: dann könnt Ihr mich auch mal. Es war jedenfalls nach kurzer Zeit soweit, daß Giesers sich in feldmarschmäßiger Montur auf dem Appellplatz melden mußte.