Die drei Wochen Grundausbildung spielten sich in einem Art Garten-Waldgelände, welches man noch am herrichten war, ab. Ich erinnere mich noch so gut daran, weil ich dort zwei mal auf die Frage: „Wer kann Autofahren?“reingefallen bin. Ich durfte mir dann nämlich eine Schubkarre nehmen und die Wege mit feinem Kies einebnen.

Dies hatte zur Folge, daß ich mich, als es wirklich ums Autofahren bzw. Fahrschule ging, nicht gleich gemeldet hatte. Aber fangen wir erst mal ganz vorne an.

Ich hatte mal wieder das Glück, bei unserem Unteroffizier namens Rechenberg als Bursche fungieren zu dürfen. Der Name Rechenberg war wohl das Einzige, was auf einen Deutschen schließen ließ.

Er war weder der deutschen Sprache mächtig, noch hatte er mit den zu dieser Zeit noch typisch deutschen Eigenschaften wie Sauberkeit, Ehrlichkeit, Menschlichkeit und auch Tapferkeit etwas zu tun. Notfalls hätte er als Beutedeutscher gelten können.

Dieser von Statur eher Dreikäsehoch, ohne jede Auszeichnung, aber im besten Frontsoldatenalter, ließ sich von mir bedienen wie ein Gott in Frankreich. Auch hatte er einen Hund, welcher im Bett des Unteroffiziers zu Hause war.

Der Prinz, so hieß der Hund, und mein Unteroffizier paßten bestens zusammen, sagt doch ein altes Sprichwort bei uns: „Je uhliger der Hong öm su frecher de Flüh (Je kleiner der Hund um so frecher die Flöhe)“.

Einmal mußte ich meinem Vorgesetzten eine Kanne Milch holen. Ich schüttete die noch vorhandene Milch aus, säuberte die Milchkanne und holte bei einem nahegelegenen Bauern 2 l Milch. Als mein Chef abends die saure Milch suchte und in dem Topf frische Milch fand, mußte ich sofort bei ihm antreten. Ich erklärte ihm wahrheitsgetreu, daß die Milch aus dem Topf gestunken hätte und ich den Topf gründlich gereinigt hätte. Daß man saure Milch auch verzehren konnte, war mir bis dahin fremd .

Nachdem dieser Untermensch mit mir an diesem Abend noch ein Flachrennen veranstaltete, kannte ich mich - in Sachen Milch - etwas besser aus. Das schließt aber nicht aus, daß mein Unteroffizier, bei dem vom Bett bis zur Wäsche und Fußbekleidung alles stank, ein echter Drecksack war.

Ich hatte ihm einige Male den Wecker etwas vorgestellt, damit unser Zug und ich auch mit den allmorgendlichen Begebenheiten einige Minuten mehr Zeit hatten.

Als ihm die Zeitverschiebung auffiel, veranstaltete er mit uns das indische Kastenrennen, welches wie folgt zu verstehen ist.

Unser Zug wurde an den Munitionsbunker befohlen, jeder Soldat bekam in jede Hand oder an jeden Arm einen Kasten 2 cm Panzerabwehrmunition (etwa so schwer wie zwei Kanister Benzin) und wurde dann von 9.oo bis 12.oo Uhr an einer Sandsteilküste (Dünen) von einem angeblichen Ausbilder bis zum Äußersten geschliffen und getrietzt. Wenn wir oben auf der Düne angelangt waren, kam der Befehl: „In die See marsch marsch", auf Wasserhöhe hieß es dann volle Deckung (damit uns die Wellen gut bekamen) und dann wieder “kehrt marsch marsch“.

Unser Unteroffizier hatte zur Unterstützung noch einen Oberstabsgefreiten als Ausbilder. Dieser war ein Mann in den vierziger Jahren, welcher in Wehrertüchtigungslägern als Ausbilder der HJ Dienst getan hatte. Er war entgegen unserem Unteroffizier ein Mann mit fast väterlichen Zügen. Als wir nämlich, mit unseren Muni-Kästen in den Händen wieder auf die Dünen mußten und einige Kameraden einfach nicht mehr die Kraft hatten, die Kästen hochzubringen, half dieser Ausbilder den Jungens, die schwere Last zu bewältigen. Und schon kam vom Unteroffizier wieder der Befehl in die See marsch marsch, wobei er seinen Kollegen anfauchte: Du mußt wieder Dein weiches Herz zeigen. Bei uns jungen Burschen, ich war, weil im Januar geboren, der älteste Siebzehnjährige, wuchs Zorn und Haß ins Unermeßliche. Es ging soweit, daß einige dieses Schwein umlegen wollten. Ich habe sehr zum Guten sprechen müssen, um dieses Vorhaben zu vereiteln.

Eines Tages, wir hatten mittlerweile die Stellungen am Meer (Bunker) bezogen, kam dieser Unteroffizier in unseren Zweimann-Bunker und machte sich am Spind meines Kameraden Huth zu schaffen. Einen Grund für diesen Auftritt habe ich nie finden können.

Mein Bunkergenosse Huth war ein sehr großer junger Mann, der am Bunkereingang den Kopf einziehen mußte. Er kam aus irgendeinem Vorort von Krefeld und hatte wohl die gleiche Erziehung wie ich genossen. Es kam jedenfalls soweit, daß dieser Unmensch meinem Kameraden Gasalarm befahl und ihn draußen in der Dünenlandschaft furchtbar drillte.

Als Krönung dieser Attacke befahl der Unteroffizier noch: „In das Minenfeld rein marsch marsch.“Huth blieb natürlich vor dem Zaun, es waren an Holzpfählen 2 Drähte gespannt und Hinweis- bzw. Verbotsschilder waren auch aufgestellt, stehen.

Das Untier trieb unseren Kameraden aber in das Minenfeld hinein, und der mußte denn noch mit einem Stück Pfahl in der Vorhalte hüpfend die vorderen Bereiche des Minenfeldes passieren. Dabei strauchelte der Kanonier Huth und verletzte sich im Bereich seiner linken oder rechten Leiste, es kam eine enorme Schwellung zu Tage, so daß wir alle mit einem Leistenbruch rechneten.

Einen Arzt oder ein Krankenhaus gab es nicht in der Nähe, so daß ich mit nassen Lappen und Taschentüchern versucht habe, die Schmerzen etwas zu lindern.

Abends kam dann unser Hauptfeldwebel noch in unseren Bunker und erkundigte sich nach dem Hergang der Verletzung und dem Befinden meines Kameraden. Der Spieß, so nannte man bei der Wehrmacht die sogenannte Mutter der Kompanie, erkannte an unseren Darlegungen, daß Huth, der ins Lazarett mußte, dort den wahren Hergang schildern würde. Die ganze Kompanie freute sich schon, daß diesem Schurken endlich das Handwerk gelegt würde, aber man höre und staune: der Herr Hauptfeldwebel fuhr mit zum Lazarett und becircte meinen Kameraden die Meldung etwas anders zu formulieren.

Der Spieß hatte ihn wissen lassen, daß, wenn der wahre Sachverhalt als Meldung im Lazarett bekannt würde, unser Unteroffizier mit Strafkompanie rechnen müßte, was auch Tod bedeuten würde.

Er erzählte mir später unter Tränen, daß er sehr religiös erzogen wäre und seine Mutter hätte bestimmt auch so entschieden.

Als unser Unteroffizier wußte, wie die Meldung verlaufen war, hatten wir mit dem selben Schwein wie vorher zu tun.

Wie gesagt, Huth und ich waren bei Übungen in einem Bunker, welcher im Ernstfall bestenfalls mit einem SMG bestückt werden konnte. Von dieser Sorte gab es noch zwei weitere Bunker.

Wir hatten die Aufgabe, eine Bucht, welche auch als Hafeneinfahrt diente zu verteidigen. Innerhalb unserer Kompanieanlage gab es noch einige Mannschaftsbunker sowie Munition Geräte- und Offizierbunker.

Es wurde wieder einmal bei einer Befehlsausgabe nach Autofahrern gefragt, aber in Anbetracht der zweimaligen Schubkarrenpartie habe ich mich nicht gemeldet. Nun stellte sich aber heraus, daß diesmal wirklich der Wehrmachtführerschein gemacht werden konnte.

Ich ging dann kurz entschlossen zu dem Fahrschullehrer und teilte ihm mit, daß ich einigermaßen fahren könnte. Der informierte den Spieß, welcher mich zu sich kommen ließ und mir dann eine Moralpredigt hielt, wonach mir, wenn ich bei der ersten Prüfung durchfiel, nicht viel Gutes bevorstand.

Es hatten sich 8 Fahrschulaspiranten gemeldet, die dann im Laufe der nächsten Wochen die Straßen Dänemarks unsicher machen sollten. Der 1. Fahrschultag begann damit, zwei defekte Reifen eines erbeuteten 4,5 t Fords von den Felgen zu machen. Diese Prozedur nahm auch - obwohl wir uns alle anstrengten - den nächsten Tag noch in Anspruch.

Am dritten Tag endlich wurde der besagte Ford erstmals in Bewegung gesetzt. Es war ein Planwagen wie zu dieser Zeit die Militärfahrzeuge größtenteils aussahen. Vorne saß der Fahrschulunteroffizier mit einem Fahrschüler im Führerhaus, und der Rest befand sich unter der Plane. Der erste Schüler setzte den Wagen holpernd und polternd in Bewegung, aber beim Umschalten in den zweiten Gang gab es einen Ruck und Wagen sowie Motor stand.

Wir hatten die Gelegenheit, vom sogenannten Laderaum durch eine Fensteröffnung ins Führerhaus zu schauen und bekamen die Reaktionen von Lehrer und Schüler - wenn auch nicht Wort für Wort - mit. Der Fahrschüler bekam dann die Gelegenheit, die Prozedur zu wiederholen, aber auch beim zweiten Versuch wurde der Motor - wie man so schön sagt - abgewürgt. Nun ging es im Führerhaus sehr laut zu; der Fahrschüler wurde rausgeworfen, er mußte hinter dem Fahrzeug herlaufen, während der Unteroffizier den Wagen selbst aus dem belebten Ort hinaus fuhr.

Nachdem er den Wagen an den Straßenrand gefahren hatte, bekamen wir eine Standpauke gehalten, aus der hervorging, daß wir acht Fahrschüler eventuell alle hinter dem Fahrzeug ans Laufen kämen.

Wir hatten uns morgens noch gestritten, wer als Erster und Zweiter das Steuer übernehmen würde, jetzt waren diese Wogen schon sehr geglättet, zumal der zweite Schüler noch kürzere Zeit vorne verbringen konnte und auch Bekanntschaft mit Dänemarks Asphalt machte.

Da der Rest der Truppe keinen Tatendrang verspürte, meldete ich mich vorne beim Fahrschullehrer. Dieser meinte nur: „Sie wissen ja, was der Spieß Ihnen mit auf den Weg gegeben hat,“ und überließ mir den Fahrersitz. Nun zeigte sich, daß ich in der Feuerwehr tatsächlich eine Menge gelernt hatte. Es gelang mir, diesen doch ziemlich schweren Brummer heil bis in die Stadt Holstebro zu fahren, und dort über eine Serpentinenstraße bis unten in den Hafen die Kiste abzustellen.

Dort machten wir eine Pause, die ich auch dringend nötig hatte, ich war nämlich in Schweiß gebadet. Zu dieser Zeit mußte - vor allem jeder LKW - mit Zwischengas geschaltet werden, das heißt: Kupplung - Gang raus Zwischengas - Kupplung nächster Gang rein. Da wir uns mittlerweile 15 km von unserem Standort entfernt hatten, erlaubte ich mir die Frage, was denn mit den beiden Kameraden wäre? Der Fahrschullehrer meinte, er würde nicht nur Fahrer sondern auch Marathonläufer ausbilden, was sich im Laufe des Fahrschullehrganges auch bewahrheitete.

Als wir gegen Mittag an unserem Standort wieder ankamen, stand die Kompanie zum Essen bereit. Ich bekam die Frage des Hauptfeldwebels an unseren Fahrschullehrer noch mit, ob und wie die ersten Fahrschulstunden verlaufen wären? Der Unteroffizier sagte: „Wenn das so weiter geht, ist der Dicke (damit war ich gemeint), der einzige, der den Lehrgang besteht.“ Ich war zu dieser Zeit wirklich klein und pummelig, so daß diese Bemerkung keinesfalls fehl am Platze war.

Nachdem ich noch einige Tage mit den Fahrschülern unterwegs war und - ich sage heute leider - immer als bester Fahrer abschnitt, durfte ich auch noch Bursche bei unserem Fahrschullehrer spielen. Die Burschentätigkeit bei unserem Ausbilder hätte ich gerne abgegeben, aber das gelang mir leider nicht. Es machte mir nicht viel aus, für den Fahrschullehrer Socken zu waschen oder dessen Zimmer in Ordnung zu bringen. Bei dem gab es nämlich auch mal ein danke und sogar ein Trinkgeld.

Dieser Kapo, so nannte man bei der Wehrmacht die Unteroffiziere, kam aus dem westfälischen Bielefeld. Mit ihm haben wir während der Fahrschulzeit schöne Tage verlebt. Wir haben einige Städte wie z.B. Thisted, Alberg, Skagen und auch Arhus kennengelernt, oder er fuhr mit uns bei schönem Wetter an einen wunderschönen Sandstrand zum Baden. Leider konnte ich wie gesagt manchmal nicht mitfahren, weil ich irgend etwas für den Fahrschullehrer in dessen Zimmer zu tun hatte.

Ich erinnere mich noch an eine Fahrt durch die enge Stadt Holstebro, als ein Fahrschüler unseren Übungswagen in einen Sonnenschutz fuhr, und einem, von den in Wartestellung befindlichen Kameraden, das Gestänge unglücklich die Hand verletzte. Er wurde im Krankenhaus ärztlich versorgt und von uns ins nächste Lazarett gebracht.

Unsere Fahrschule war übrigens sehr umfangreich, da der zu erwartende Führerschein alle Klassen einschließlich Kettenfahrzeuge beinhaltete. Wir bestanden alle acht die Prüfung und hätten gerne den Ausbildungsalltag noch etwas hinausgezögert.

Aber wir sollten ja auch gute Soldaten werden, die ursprünglich als Kanoniere an den Pak-Geschützen Zielsicherheit und Schnelligkeit üben und lernen mußten. Die Wirklichkeit sah aber ganz anders aus. Wir wurden zwar noch kurze Zeit an den Geschützen ausgebildet, aber die Hauptaufmerksamkeit galt der Panzerfaust und Panzerschreck.

Beide Panzerabwehr bzw. Panzervernichtungsgeräte basierten auf elektrischer Zündung, und waren, besonders aber der Panzerschreck, eine Waffe mit sehr viel Raketeneffekt. Um mit der Panzerschreckwaffe aus der Schützenstellung schießen zu können, mußte man eine rechtwinklige Stellung ausheben, um nicht von dem rückwärts austretenden Feuerstrahl erfaßt zu werden.

Man nannte diese Waffe auch Ofenrohr, womit auch die meiste Ähnlichkeit vorhanden war. Ich wurde als Schütze 1 an diesem Gerät ausgebildet und hatte außer diesem klobigen Ding noch eine Pistole, wogegen der Schütze 2 seinen Karabiner und zwei dieser Raketen zu schleppen hatte. Vorausschickend kann ich sagen, daß ich zwar mehrere dieser Raketen abgefeuert habe, aber nie mit meinem Ofenrohr einem feindlichen Panzer gegenüberstand.

So ging unsere Ausbildung, die insgesamt nicht länger als 3 Monate dauern durfte, so langsam dem Ende entgegen. Die Fahrschule ermöglichte es uns Fahrschülern, das Land Dänemark mit einem zu der Zeit enormen Lebensstandard kennenzulernen. Es gab Südfrüchte, Fleisch, Fisch und in einem Restaurant konnte man auch zu dieser Zeit noch nach Karte essen. Unser Sold wurde in Dänischen Kronen ausgezahlt und dafür konnten wir kaufen, was das Herz begehrte.

Eines Tages waren die Jungens während ihres Ausgangs in Holstebro auch einkaufen gewesen. Der Schütze Kaufmann erzählte uns dann abends beim Essen, daß Heini Schüßler in einem großen Warenhaus ein kleines Spielkanönchen an der Kasse vorbeigeschleust hatte. Ich war gleich außer mir und versuchte Schüßler beizubringen, welch schlechter Eindruck in Dänemark der deutschen Wehrmacht gegenüber aufkommen müßte.

Heini Schüßler und auch Kaufmann kamen aus dem Ruhrgebiet und waren beide echte Kameraden. Bei den Schikanen, die unser Unteroffizier an uns Tag für Tag ausprobierte, waren Schüßler und Kaufmann bereit, sich sofort an die Front zu melden oder aber den unmenschlichen Ausbilder zu entfernen.

Als die drei Monate Ausbildung vorüber waren, bekamen wir einen Haufen Kronen ausgezahlt.

 

Heimaturlaub mit Friedel Bell und Hans Königs

 

Da wir, bevor es an die Front ging, noch acht Tage Heimaturlaub bekommen sollten, kaufte jeder an Käse und Butter, was eben tragbar war. Ich hatte für meine kleine Schwester eine Babypuppe gekauft und für die Familie einige Box Bodder (kg Butter) und einen runden - wir sagten ein Wagenrad-Käse. Beim Käsekauf - ich werde es nie vergessen - stehe ich in einem langen, aber sehr schmalen Käsegeschäft. Während mein Kauf an der Kasse abgewickelt wird, kommt Heini Schüßler herein, hat eine Wäschetasche in der Hand, packt darin ein Wagenrad Käse und verschwindet. Mir blieb auf gut deutsch gesagt die Spucke weg. Ich habe mit hochrotem Kopf den Käseladen verlassen und kam mir selbst wie ein Ladendieb vor.

In unserem Mannschaftsbunker habe ich dann allerdings losgelegt und dem Schüßler klargemacht, daß so etwas unmöglich sei, und ihm das Sprichwort, was da sagt: „Mit Kleinem fängt man an, mit Großem hört man auf, “erläutert. Schüßler meinte darauf: „Mach nicht soviel Spiel davon, ich habe mit dem kleinen Spielkanönchen angefangen und mit dem großen Wagenrad Käse aufgehört.“

Ich muß jetzt wieder mal vorgreifen, denn Schüßler und auch Kaufmann sind beide in den ersten Einsatztagen gefallen. Schüßler, der sich stets an die Front sehnte, sprang wegen kalter Füße aus der Stellung und wollte sich bewegen, wobei er tödlich getroffen wurde, und Kaufmann war das Opfer eines russischen Scharfschützen während der ersten Schneeschmelze, wobei die schlechte Tarnung eine Rolle spielte. Dies geschah in Ungarn bei der letzten Offensive der deutschen Wehrmacht und zwar am Granbrückenkopf, worauf ich aber noch zurückkomme.

Ich kam jedenfalls schwer bepackt in Grevenbroich bzw. Orken an, und löste großes Erstaunen aus, was einmal wegen der schönen Puppe, aber hauptsächlich durch die Butter und den großen Käse verursacht wurde. Zu dieser Zeit war Orken schon sehr von Bomben und auch Phosphorbomben zerstört. Zudem lag der Güterbahnhof dauernd unter Jagdbomberbeschuß und Bombenangriffen.

Während der acht Tage Einsatzurlaub habe ich mich mehr im Keller als im Haus aufhalten müssen. Meine Mutter und meine kleine Schwester standen zur Evakuierung bereit und kamen dann auch nach Halberstadt. Wenn nicht gerade das Getöse der anglo-amerikanischen Luftwaffe zu hören war, vernahm man deutlich die Artilleriegeschütze an der Westfront, welche im Raume Aachen zu der Zeit verlief.

Unvergeßlich ist für mich ein Freitag Nachmittag, wo ich mit Hans Königs nach Grevenbroich wollte, aber wir von einem Vollalarm abgehalten wurden. Es ist zwar unvorstellbar, aber die feindliche Luftwaffe präsentierte sich bei schönstem Wetter am Firmament, wie es wohl selten der Fall war. Die Erde bebte ununterbrochen, eine Welle der schweren Bomber nach der anderen überflog uns und drehte dann ab. Gegenwehr gab es überhaupt nicht, die Jagdmaschinen begleiteten ihre Bomber beim An- und Abflug.

Wir standen am Laacher Bahnhäuschen in Deckung und schauten uns das Schauspiel an und dachten nur, die nächste Welle ist für Grevenbroich bestimmt, aber das war Gott sei Dank nicht der Fall.

Als die Angriffe etwas abflauten, sind wir zur Feuerwehrwache gefahren und erfuhren dort, daß Düren und Jülich in Schutt und Asche gebombt worden waren.

Ich war froh, daß meine Mutter und Schwester so schnell wie möglich aus diesem Chaos herauskamen, und mir fiel das Zurfrontkommen auch etwas leichter. Wie unsere Gegner damals ihre Eroberungen sturmreif bombten und schossen hatte nämlich nichts mit Tapferkeit oder gar Humanität zu tun. Wenn man bedenkt, daß Aachen nur 6o km von hier entfernt ist, lagen wir damals schon im unmittelbaren Frontgebiet.

Ich habe noch einige Jagdbomberangriffe miterlebt, bei denen man sich wie die Maus in der Falle vorkam. Wenn man nicht gerade einen halbwegs sicheren Keller als Unterkunft hatte, durfte man sich nicht sichtbar bewegen, denn die Amis schossen auf alles, was sich bewegte. Wir hatten ja einen ziemlich sicheren Keller neu bauen dürfen und hatten dann auch dementsprechend viel Publikum, oder besser gesagt, Schutzsuchende in Haus und Keller.

Wenn dann wieder so eine Staffel Jagdbomber anrauschte und ihre Bordwaffen spucken ließen, hörte sich das an, als ob eine Kreissäge über unsere dicke Kellerdecke sägen würde. Die Familie Müller (Bremsch) war immer zahlreich in unserem Keller vertreten, und die jungen Frauen machten dann unserem Herrgott die tollsten Versprechungen und schickten ein Stoßgebet nach dem anderen gen Himmel. Ob und wie die Versprechungen eingehalten wurden, entzieht sich meiner Kenntnis, wohl weiß ich von mir selbst, daß jeder, der richtig im Schlamassel drin war, seinen Herrgott oft angesprochen und angefleht hat.

Nun waren meine Urlaubstage auch schon sozusagen um und ich hatte mich in Osnabrück zu stellen. Hier wurde eine neue Division, und zwar die 211 Volksgrenadierdivision teilweise zusammengestellt. Da die Kasernen in Osnabrück ziemlich überbelegt waren, wurden wir in den Vorort Rulle verlegt, und dort in Schulen und Sälen untergebracht.

Dort lernte ich noch Jakob Esser und Willi Lambertz aus Grevenbroich, und Peter Lugt aus Sinsteden, sowie Fritz Wansart aus Eckum kennen. Wir waren alle gleich jung und hatten dementsprechend auch immer großen Hunger. Die Portionen, die zu der Zeit zur Verteilung kamen, waren eher erbärmlich als sättigend.

Die Front, aber vor allem die Luftangriffe kamen den mitteldeutschen Städten immer näher. Wir mußten gleich in den ersten Tagen einen schweren Angriff auf Osnabrück miterleben. Dieser Luftangriff forderte sehr viele Todesopfer. Da wurden wohl die ersten Luftminen auf eine Großstadt abgeworfen.

Die Toten hatten teilweise keine sichtbaren Verletzungen und man stellte dann fest, daß alle die Lungen verletzt, man sagte geplatzt hatten. Bei der Feststellung dieser Todesdiagnose mußten wir jungen Burschen auch mithelfen, und zwar hatten wir im Krematorium, beim Sezieren, die erste Bekanntschaft mit Leichen gemacht. Manche von uns haben das Krematorium höchstens 2 Minuten von innen gesehen und wurden dann als Halbleiche wieder herausgetragen.

Während dieser Krematorium-Einsätze erfuhren wir dann, daß im Rotkreuzheim in Osnabrück täglich für 1o Pfennig ein dicker Teller Erbsensuppe zu bekommen war. Davon wurde vom gleichen Tag an reger Gebrauch gemacht. Die Verpflegung der Wehrmacht wurde zu dieser Zeit von Woche zu Woche karger und wir Siebzehnjährigen hatten ja außer Heimweh immer großen Hunger.

Eines abends ging es wieder in Richtung Osnabrück zum Suppenessen. Die gut 3 km Entfernung von unserem Standort Rulle aus verliefen hauptsächlich durch ein Waldgebiet. Dann tauchte plötzlich ein Bäckerwagen vor uns auf. Unseren Hunger habe ich schon oft genug beschrieben, so daß für den anschließenden Mundraub keine besondere Entschuldigung angebracht wäre. Tatsache war eben, daß Jakob Eßer, genannt Krukkömpche (Krautschüssel) immer seine Hosenklammern bei sich trug, obwohl kein Fahrrad für uns zur Verfügung stand. Jakob gebrauchte die Hosenklammern - in Griffposition zusammengesteckt sowohl als Schraubenzieher wiewohl auch als Schlüssel zum Bäckerwagen.

Wir schlichen uns an den Wagen heran, die Tür wurde per Hosenklammer geöffnet und wir nahmen die Brote in Empfang, die Jakob uns angab. Natürlich waren es ein paar mehr als Hunger vorhanden war. Wir deponierten die Brote zuerst einmal im Straßengraben und nahmen diese dann auf dem Rückweg mit in die Quartiere.

Es passierte noch folgendes ! Während wir die Brote im Straßengraben diebstahlsicher unterbringen wollten kam plötzlich ein Leutnant mit Fahrrad unseres Weges daher. Wir probten gleich volle Deckung und blieben auch bei der Befragung des Leutnants bei dieser Variante. Der Offizier konnte allerdings nicht verstehen, daß wir wegen einem Teller Suppe diesen langen Weg auf uns nahmen.

Die Zusammenstellung der Division sowie die letzten Vorbereitungen auf den Einsatz dauerte ca. einen Monat. Leider blieben wir nicht so zusammen, wie wir uns in Rulle angefreundet hatten.

Willi Lambertz und Jakob Esser blieben zwar auch in der 211 Volksgrenadierdivision, aber wir haben uns vor und während des Einsatzes nie mehr gesehen. Peter Lugt und Fritz Wansart hingegen blieben, bis zu meiner Verwundung mit mir in einer Kompanie.

Die Strategie der Heeresleitung war wohl für uns einfache Soldaten nicht zu ergründen, denn wir wurden bis in die Nähe von Königsberg in Ostpreußen an die Ostfront gebracht, konnten nicht nur den Kanonendonner, sondern auch MG-Salven hören, um dann 3 Tage später wieder per Eisenbahn nach Ungarn gebracht zu werden.

Wir erreichten dann nach vier Nachtmärschen den Granbrückenkopf, wo wir auch eingesetzt wurden. Man hatte uns zeitmäßig so in Frontnähe gebracht, daß wir abends nichtsahnend an unserem Einsatzort ankamen. Dort, ich werde es nie vergessen, wollten wir uns gerade die Stiefel ausziehen, als ein alter Obergefreiter eintrat und uns wissen ließ, daß 100 Meter weiter der Russe seine Stellung hat. Die alten bzw. erfahrenen Frontsoldaten nannten die russischen Soldaten Pan.

Die erste Nacht in vorderster Linie verlief halbwegs ruhig. Der neue Tag begann gegen 5.oo Uhr, aber mit total neuen Erkenntnissen für uns. Die Leuchtspurmunition, welche über unseren Köpfen von hüben nach drüben und umgekehrt geschossen wurde, zeigte uns, daß wir wirklich ganz vorne an der Front waren. Im Tagesverlauf und vor allem bei Tageslicht wurde diese Feststellung voll bestätigt.

Man hatte uns an einer Landstraße irgendwo in Stellung gebracht, wo die Straße von einem 2,00 m breiten Bach, natürlich schön säuberlich durch eine Brücke, unterbrochen wurde. Für uns war die Straßenböschung eine natürliche Deckung, aber am Durchfluß des Baches durch die Straße war soviel Feindeinsicht, daß wir uns kaum bewegen konnten. Ganz in unserer Nähe war ein SMG (schweres Maschinengewehr) in Stellung gegangen, welches nach jedem Feuerstoß Stellungswechsel befohlen bekam. Kurz nach dem Stellungswechsel belegte der Ivan dann die ehemalige Stellung mit schwerem Granatwerferfeuer, wo wir auch immer mit einbezogen waren.

Wenn sich in der Nähe des Bachdurchflusses nur etwas bewegte, gab es ebenfalls Zunder von der anderen Seite. Zu dieser Zeit wußten wir noch nicht, wer unser Kompanieführer und andere Vorgesetzte waren. Man hatte uns einen Obergefreiten als Zugführer zugeteilt. Ein Spieß, was sonst wohl nicht üblich war, begleitete uns als höchster Dienstgrad die ganze Zeit während meines Fronteinsatzes.

Der erste Tag an der Front brachte uns schon mehr Erlebnisse als uns recht waren. Am Spätnachmittag, kurz vor der Dämmerung, kam ein, wie wir dann erkannten, Oberleutnant den Bachlauf entlang. Er war eine typische deutsche Offiziersdarstellung, groß, schlank, und die Brust voller Auszeichnungen. Als er näher kam und somit auch in Feindeinsicht, machten wir ihn auf die Gefährlichkeit aufmerksam. Er bedankte sich zwar, aber ihm war keine Angst anzusehen. Wir waren der Meinung, unseren Kompaniechef vor uns zu haben, aber der Oberleutnant teilte uns lediglich mit, daß bei Einbruch der Dunkelheit die Pionierkompanie des Bataillons einen Einbruch der Russen in unsere Stellungen als Stoßtrupp wieder bereinigen würde, und wir den Bachlauf und den Durchfluß durch die Straße besonders im Auge behalten müßten.

Als dann die Dämmerung der Dunkelheit Platz machte, begann eine wilde Schießerei, zwar nur mit Handfeuerwaffen - Karabiner, Maschinengewehre und auch Granatwerfer, aber allein die Leuchtspurmunition, die von hüben nach drüben, teilweise über unsere Stellung flog, hinterließ bei uns den Eindruck absoluter Frontnähe.

Der Feuerzauber dauerte vielleicht eine knappe halbe Stunde. Gegen 19.00 Uhr erschien dann der Kompaniemelder und teilte uns mit, daß die Feldküche eingetroffen wäre und wir zugweise zum Essenempfang erscheinen sollten. Hierbei muß ich besonders herausstellen, daß dies die erste und auch letzte Feldküchenbegegnung während meiner Frontwochen war. Jedenfalls wurden wir an jenem Abend mit einer leckeren Suppe abgespeist und bekamen auch noch einen Nachschlag. Anschließend gingen wir mit drei Mann unseres Zuges an der besagten Bachstelle unsere Kochgeschirre spülen, wobei wie Kinder eben sind, keiner von uns ein Gewehr dabei hatte. Ich hatte zwar meine Pistole umgeschnallt, aber auch in jeder Hand 3 Kochgeschirre. Unser großes Glück war eben, daß uns, als wir an besagtem Bachdurchfluß ankamen, 4 Russen mit erhobenen Händen entgegen kamen, die dann von uns als Gefangene bei der Kompanie abgegeben wurden. Unser Spieß, der wie ich schon erwähnte, dienstgradmäßig der höchste Vorgesetzte während meiner Frontzeit war, machte uns zwar zur Minna, aber erklärte uns auf väterliche Art, wie gefährlich es war, unbewaffnet vorne überhaupt einen Schritt zu gehen.

Dieser erste Einsatztag, mit all den neuen Eindrücken und Erlebnissen, ist in meinem Gedächtnis in allen Einzelheiten tief eingeprägt.

Es folgten dann Tage und Wochen, wo sich die Ereignisse überschlugen. Ein halbwegs geregeltes Leben gab es überhaupt nicht mehr. Es kam mir oft vor, als ob wir eine Feuerwehr wären, die überall, wo etwas los war, eingesetzt wurde.

Warme Mahlzeiten kannten wir überhaupt nicht mehr. In den Nächten wurde von einem Frontabschnitt zum anderen marschiert, und so kam einem manchmal der Gedanke, wie derartige Anstrengungen körperlich zu verkraften sind. Allerdings glaube ich, daß die Spritzen, die wir während der Rekruten- und Frontvorbereitungszeit verpaßt bekommen haben, jetzt ihre Wirkung zeigten.

Es passierte oft, daß wir im Laufe des Tages vom Schneewasser total durchnäßt waren, und in der Nacht, wenn wieder die Kälte kam, wir zu einem Eisklotz wurden und kaum unsere Glieder bewegen konnten. Peter Lugt aus Sinsteden, der mit Fritz Wansart auch in meiner Kompanie war, hatte sich zu der Zeit eine schwere Lungenentzündung zugezogen, damit, so glaube ich wenigstens, war für ihn der Krieg zu Ende.

Wir kamen in den ersten Januartagen 1945 in den Einsatz. Mein Zeitgefühl war derart abgestumpft, daß ich nicht sagen konnte, was sich an den einzelnen Kalendertagen abgespielt hat. Selbst der 28. Januar, an dem ich 18 Jahre alt wurde, ist bei mir nicht in besonderer Erinnerung.

Erinnern kann ich mich noch gut an einen Tag, wo wir angeblich in Ruhe sein sollten, aber befehlsgemäß mußten wir uns dann in diesem Dorf eingraben. Für mich und meinen Schützen 2 hieß das, eine Winkelstellung unter einer Toreinfahrt ausheben. Als wir ca. 1 m tief waren, stießen wir auf runde Kübel. Davon wurde einer vorsichtig ausgebuddelt, und wir staunten nicht schlecht, als wir feststellten, daß in fünf Kübeln, die wir dort fanden, fünf Gänse eingepökelt waren. Ich hatte zwar schon Gans gegessen, aber Gänsefleisch im eigenen Fett eingepökelt ist eine Delikatesse, die ich noch nicht kannte. Dazu kommt noch, daß wir tagelang kaum etwas zu essen bekommen haben und Hunger hatten wie die Wölfe.

An diesem Tag war das Glück uns noch einmal hold. In unmittelbarer Nähe unserer Toreinfahrt, in Richtung Garten, befand sich ein Bienenhaus mit mehreren Völkern. Wir hatten schon einige Versuche unternommen, mal eine Honigwabe zu entnehmen, aber wir waren immer wieder schneller draußen als drinnen. Als dann aber ein alter Obergefreiter pfeiferauchend in dieses mittlerweile brodelnde Bienenhaus hineinging, konnten wir auch bald unseren süßen Hunger stillen. Wir tauschten, oder wie später üblich, kompensierten gepökelte Gans gegen Honigwaben. Festzuhalten ist allerdings, daß wir weder die Gänse noch die Honigwaben alle verzehren konnten. Dies war einfach nicht möglich, weil unsere Mägen so viel fettiges Gänsefleisch und dazu den ungeschleuderten Honig nicht vertragen konnten, und andererseits ließ man uns immer wissen, daß unsere Pflicht, Führer, Volk und Vaterland gegenüber, Kampf war.

Was man uns erwachsenen Kindern alles zumutete und von uns verlangte, läßt sich so einfach nicht niederschreiben.

Wir wurden wirklich ins Feuer geschickt und hatten kaum Erfahrung uns zu wehren. So ließ man uns am Granbrückenkopf viermal angreifen, jeweils in Batallionsstärke, und jedesmal wurden wir abgeschmiert, wobei das Verlustkonto immer größer wurde. Wir sind einmal laufen gegangen soweit die Füße trugen, und kamen irgendwann bei der ungarischen Heeresartillerie an, die bekanntlich sehr weit rückwärts steht. Die Ungarn hatten die Kanonenholme schon zusammengeklappt und standen abmarschbereit.

Ich muß hier wieder dokumentieren, daß unser Hauptfeldwebel (Spieß) auch diesmal der Ranghöchste war, der, uns in die Angriffe führte.

Wir waren derart ausgelaugt, daß wir kaum die Schönheit der Gegend wahrnahmen. Es war zwar Winter, aber die Weite der flachen Felder hatte einen pusztaähnlichen Charakter. Wenn wir mal gerade in einem Dorf einquartiert waren, konnte man erkennen, daß die Leute hauptsächlich von der Landwirtschaft lebten. Jeder hatte den Mais unter dem Überdach hängen, außerdem waren die ganzen Speicher mit Maiskolben gefüllt. Ich bin dort in keinem Keller gewesen, wo nicht einige Ballons oder Fäßchen erstklassiger Weine lagerten. Wenn man überlegt, was die Menschen in einem solchen Frontgebiet alles im Stich lassen müssen, und in unserem Fall wechselten die Ortschaften mehrmals den Besitzer, kann man ermessen, was von den Dörfern noch übrig blieb.

Eines Tages erschienen dann an unserem Frontabschnitt 3 Königstiger von der SS-Division “Hitlerjugend“. Allein die Anwesenheit dieser Panzer verschaffte uns soviel Respekt, daß wir beim nächsten Angriff mehrere Kilometer vorgingen und kaum Feindberührung hatten. Diese Kolosse mit ihren überlangen 8,8 cm Kanonenrohren waren enorm treffsicher und nahmen uns als Panzerabwehrkompanie (mit Panzerschreck Ofenrohren) sehr viel Arbeit ab. Es dauerte jedoch nicht allzu lange ,bis die russischen Panzer und Artillerie die Königstiger geortet hatten, so daß in wenigen Tagen 2 der Panzer, wenn auch nicht kampfunfähig, aber bewegungsunfähig waren.

Hinzu kam noch, daß der Nachschub, besonders der nötige Kraftstoff, kaum noch zu beschaffen war.

Wie gesagt, die Offensive am Granbrückenkopf war der letzte geordnete Schlag der deutschen Wehrmacht. Es war auch für uns junge Soldaten erkennbar, daß nicht mehr viel zu erwarten war, ob Verpflegung, Munition, Geräte wie Waffen oder Autos, standen nirgendwo zur Verfügung, wir lebten von Beutegut und von dem, was die ungarische Zivilbevölkerung zurückgelassen hatte.

Der so geschmähte und immer wieder dumm hingestellte Russe zeigte uns, wer die Kultur im Kriegführen gepachtet hatte. Es verging kaum eine Nacht, in der nicht ein oder zwei deutsche Soldaten aus unseren Stellungen geholt wurden. Einige Nächte danach hörten wir diese Kameraden dann über Lautsprecher zu uns sprechen. Derartige Übertragungen verliefen meist feierlich, ja ich möchte fast sagen weihnachtlich. Zuerst wurden mehrere Leuchtkugeln gesetzt, um einen Abschnitt hell zu machen, dann kam ein deutscher Offizier zu Wort und anschließend sagten uns dann die Einkassierten, wie gut es beim Ivan wäre, und was die Küche der Roten Armee alles anzubieten hätte.

Ich erinnere mich nicht, jemals eine Luftunterstützung unserer Luftwaffe während meiner Einsatzzeit erlebt zu haben. Andererseits vergesse ich nie den Augenblick, als ich den ersten toten Russen mit meinen Füßen berührte. Wir hatten eine sogenannte von unserer Infanterie eroberte Igelstellung übernommen. Schätzungsweise war die Stellung 60 m lang und 20 m breit. Es waren also jeweils links und rechts durchgehende Gräben von 60 Meter und diese wurden oben und unten von 20 m langen Gräben verbunden. Zudem befand sich in der Mitte noch ein Verbindungsgraben, der mit einigen bunkerähnlichen Unterständen bestückt war.

Hier war nicht nur die Funkstation untergebracht, sondern allem Anschein nach hatten die Herren Offiziere dort auch ihre gebrauchsfähigen Weiber (wir sagten damals Offiziersmatratzen) dabei. In dieser Stellung lagen jedenfalls wenigstens 10 tote russische, bestens uniformierte Frauen.